Irre gute Kunst
17.12.2007

Im Atelier Goldstein ist Behinderung im Grunde abwesend, weil Kunst eben keine Behinderung kennt. Und doch ist dieser Kunstband ein besonderes Buch, das wir gerne vorstellen möchten. Es ist ein leidenschaftliches Buch. Ein sinnliches. Aber auch ein intellektuelles, äußerst abwechslungsreiches. Hier zeigen die Verleger Mut, nicht dem Kunst-Mainstream zu folgen. In der Betrachtung dieser bemerkenswerten Arbeiten und Künstlerpersönlichkeiten hinterfragen Herausgeber und Autoren ihren eigenen Blick auf die Kunst. Zeigen interessante Perspektiven, Eindrücke, Zusammenhänge, Erkenntnisse.
Diese erste umfassende Werkschau des Frankfurter Ateliers präsentiert mit über 450 Abbildungen acht Goldstein-Künstler. Ergänzende Essays stellen Persönlichkeiten und Arbeitweisen vor. Das Atelier Goldstein ermöglicht außergewöhnlich begabten Künstlern mit Behinderung die Arbeit unter den professionellen Bedingungen eines Ateliers und schafft Öffentlichkeit für eine Kunst, die keine Zuschreibungen braucht, sondern durch sich selbst spricht – der Produktivität der Künstler und der Intensität ihres Schaffens. Arbeiten voller Obsession und Behutsamkeit, Verspieltheit und Akribie, Anmut und Wucht.
„Jeder Mensch besitzt eine Form, die er in sich trägt. Ob es ihm gelingt, sie nach außen zu tragen, hängt von vielerlei Faktoren ab. Und nicht alles, was nach außen drängt, ist innere Form. Der Mensch, Kant zufolge ein „krummes Holz“, belügt sich gerne selbst, verbiegt sich, legt Schichten über seine Psyche, durch die er mitunter nicht mehr zu sich selbst durchdringen kann. Wo das Kalkül einsetzt, zerbröckelt die innere Form, verformt sich nach Maßstäben, die nicht ihre eigenen sind. Der Kunstmarkt ist voll von nicht authentischer Kunst.“
Atelier Goldstein Künstler
Gabi Schirrmacher/Christian Sälzer (Hg.)
Jovis Verlag GmbH, 2007
ISBN 978-3-936314-89-2
Euro 35
Zwei weitere Auszüge unter [Kunst/Statements]